Interessante Lösung: Nachladen von Batteriebussen ohne Stopp – mittels Anzapfen von Oberleitungsstrecken
28.8.2018. Wichtigster begrenzender Faktor für elektrisch betriebene Busflotten ist die Batteriekapazität. Ganz gleich, ob die Fahrzeuge ihr Streckenpensum mit einer einzigen
Batterieladung absolvieren (und über Nacht geladen werden) oder mittels Schnellladung zwischendurch an Haltestellen sowie Endpunkten der Einsatzstrecken. Der Nachteil dieser Konzepte: Beim Laden
steht der Elektrobus still.
Ganz im Gegensatz dazu erlaubt das Ladekonzept "In Motion Charging" (IMC) von Knorr einen fortwährenden Betrieb, indem zwischendurch Strecken mit Oberleitung "angezapft" werden.
Auf oberleitungsfreien Strecken fährt der Batteriebus dann wieder mit gespeicherter Energie.
Vorteile: Die Batterien können kleiner ausfallen als beim reinen Über-Nacht-Lader, Standzeiten für das Aufladen können komplett entfallen. Durch die über den Tag verteilte und balancierte
Energiezuführung ist die notwendige Spitzenlast gering. Dies ermöglicht eine ökonomische Stromversorgung von großen Flotten ähnlich wie bei der Bahn. Um Synergien mit eventuell bereits
existierenden Straßenbahn oder S-Bahnstrecken zu schöpfen, lassen sich vorhandene Unterwerke nutzen. Ebenso kann das schon eingearbeitete Personal für die Infrastruktur und Fahrzeugtechnik
eingesetzt werden.
Kiepe Electric (ehemals Vossloh Kiepe, seit 2017 eine Unternehmen der Knorr-Bremse-Gruppe) stellt auf der IAA das IMC500-Konzept vor, das es Batteriebussen ermöglicht, während
der Fahrt bis zu 500 kW Leistung aufzunehmen. Dadurch ist es möglich, beim Fahren unter der Oberleitung alle Teilsysteme gleichzeitig zu versorgen: die zwei 160 kW Motoren (= 320 kW), die
Heizungs-/Klimaanlage und die Batterie, die mit 200 bis 300 kW geladen werden kann. Dabei gilt: Je höher die Ladeleistung, desto weniger Zeit benötigt das Fahrzeug unter der Oberleitung und desto
weniger Oberleitung muss installiert werden, um die Batterien regelmäßig voll zu laden.
Das IMC500-Konzept benötigt nur eine minimale Oberleitungsstrecke von rund 20 Prozent, womit die Kosten für die Infrastruktur minimiert werden. Mit dem neuen Konzept können die E-Busse ebenso wie
die Ladeinfrastruktur hoch effizient eingesetzt und die Betriebskosten des Gesamtsystems gesenkt werden. Die Reserven von Ladezeit und Ladeleistung ermöglichen einen robusten und zuverlässigen
E-Busbetrieb.
Fazit: Einmal mehr zeigt es sich, dass es künftig nicht mehr die Lösung geben wird, sondern stattdessen Konzepte, die sich speziell nach Ort und Einsatz ausrichten lassen. Das Elektrobussystem von Knorr-Kiepe dürfte sich allerorts eignen, wo Oberleitungen bereits vorhanden sind; darüber hinaus könnte es selbst dann interessant sein, wenn noch gar kein Leitungssystem vorhanden ist: Das Nachladen ohne Stopp hat nämlich seinen Charme; allerdings dürfte für Neuinstallationen viel Überzeugungsarbeit anfallen...
Text/Grafik: Görgler/Knorr